Armin Möbius (Mitte) hatte ein Näschen für Talente – und die nannten ihn respektvoll “Papa”. Auf dem Archivfoto der Frankenpost ist Möbius mit Ludwig Schuster (links) und Siegfried Sieber zu sehen.

 

 

Heute wäre Armin Möbius 100 Jahre alt geworden. Erinnerungen an den Mann, dessen Name untrennbar mit der Blütezeit unseres Vereins verknüpft ist.

 
Von Dieter Bracke

Es war nicht, wie des Öfteren verbreitet worden ist, die Saale, durch die der Dresdner Armin Möbius 1949 an der Grünen Grenze in die Freiheit watete. Ein kleines Bächlein sei es gewesen, klärte er schmunzelnd immer wieder auf. Wichtig war ausschließlich die Tatsache, dass er in einer Gegend landete, die für ihn zur zweiten Heimat wurde. Ein Fußballer, der gemeinsam mit dem späteren Bundestrainer Helmut Schön in der Sachsen-Auswahl aktiv war, wurde vom damaligen FC Bayern Hof mit Freuden aufgenommen. Er war ein Glücksgriff für den Traditionsverein, an dessen Aufschwung er vor allem als Spielausschuss-Vorsitzender den größten Anteil hatte. Am 10. Februar hätte Armin Möbius, der im Alter von 96 Jahren verstorben ist, nun seinen 100. Geburtstag gefeiert. Anlass genug, sich an den großen Macher von der “Grünen Au” und seine Verdienste – heute würde er sich mit dem Titel Manager oder Sportdirektor schmücken können – zu erinnern. Sogar Franz Beckenbauer, der “Kaiser”, würdigte ihn einmal gebührend: “Ohne Armin Möbius hätte es Bayern Hof nie so weit gebracht.”

An eine solche Erfolgsstory hatte bei der nächtlichen Flucht freilich niemand gedacht. Der Fußballer, der in Dresden eine junge Ehefrau und zwei kleine Kinder zurückgelassen hatte, wagte nach seiner Eingewöhnungszeit in Hof einen “Ausflug” zum 1. FC Nürnberg, der aber nach wenigen Monaten mit der Rückkehr an die “Grüne Au” endete. Hof ließ ihn einfach nicht mehr los. “Ich habe dem Verein viel zu verdanken”, blickte er bei der Feier seines 90. Geburtstags zurück. Doch Kenner der Szene kommen zu einem anderen Schluss: Die Bayern hätten von Möbius‘ Können – er trat 1956 das Amt als Spielausschuss-Vorsitzender an – sehr profitiert. Es war gewissermaßen eine Nebenbeschäftigung, denn seinen Lebensunterhalt verdiente sich der Sachse als Vertreter einer Ölfirma. Doch was der “Freizeit-Manager” in einer Region, von ihm absolut zu Recht als “Gegend am Arsch der Welt” bezeichnet, in Sachen Fußball auf dem Rasen zauberte, sorgte bundesweit für große Schlagzeilen.

Speziell nach dem 3. Mai 1959: Mit einem 1:0-Heimsieg gegen Hessen Kassel gelang der ersehnte Aufstieg in die Oberliga Süd, die höchste deutsche Spielklasse. In einem Album, in dem er sämtliche Aufstellungen der Begegnungen festhielt, gewährt er Einblick in sein Inneres. “Es war mein schönster Tag in meiner Fußballerzeit”, hat er hier in roter Schrift notiert. Möglicherweise hat er sich später korrigiert, nachdem Bayern Hof drei Mal an der Aufstiegsrunde zur Bundesliga beteiligt war. Dass der Erhalt der Oberliga unter Aufstiegstrainer Fred Hoffmann trotz happiger Niederlagen wie einem 0:11 bei Eintracht Frankfurt und einem 1:10 beim Karlsruher SC geschafft wurde, grenzte schon an ein Wunder.

Armin Möbius hatte bei der Trainersuche, wie er behauptete, ein glückliches Händchen. Nach Hoffmann war es ein Trio von dessen Qualitäten (“Sie haben sich um den Verein verdient gemacht”) er schwärmte: Gunther Baumann, Heinz Elzner und Herbert Wenz. Aus der Zusammenarbeit mit ihnen entwickelten sich tiefe Freundschaften. Wenn ein Fußballlehrer nicht den Anforderungen entsprach und die erwarteten Erfolge ausblieben, dann sprang Möbius, das Mädchen für alles, in die Bresche. Für eine kurze Übergangszeit.

Der Mann aus Sachsen verdiente sich den weitverbreiteten Ruf als großes Schlitzohr zu Recht. Ein typisches Beispiel: Er verpflichtete den Stürmer Werner Seubert vom 1. FC Nürnberg für eine Ablösesumme von 25 000 Mark und bekam als Beigabe für 5000 Mark den Mittelfeldspieler Ludwig Schuster, der in Hof aufblühte und später für 450 000 Mark an den FC Bayern München transferiert wurde. Weil der Spieler aber bei den großen Bayern nicht die Erwartungen erfüllte, war deren Topmanager Robert Schwan stocksauer auf den Kollegen von der Zonengrenze: “Wenn ich den noch einmal treffe, dann kann ich mich nicht zurückhalten.”

Mit der Schlitzohrigkeit von Möbius wurden auch die Spieler der Gelb-Schwarzen konfrontiert. Ohne dass sie es wussten. Es handelte sich dabei um einen Doppelpass zwischen ihm und dem Trainer. Lief es sportlich nicht gut, übernahm er den Part des Polterers und nahm damit den Coach aus der Schusslinie seiner Schützlinge. “Er hat von uns viel verlangt”, erinnert sich Ex-Spieler Reinhard Meringer, “aber er war gerecht und legte großen Wert auf eine gute Kameradschaft in der Truppe.” Dass sie ihn “Papa” nannten, war deshalb durchaus plausibel.

Eine absolute Stärke des Hofer Bayern-Fußballbosses: Er hatte ein Näschen für Talente aus dem oberfränkischen Raum, die er teilweise in Nacht- und Nebelaktionen von ihren Vereinen wegholte. Erinnert sei nur an Alfred Horn, Siegfried Stark, Charly Zapf und Wolfgang “Bobby” Breuer, den absoluten Volltreffer. Der Stürmer, an dem viele Bundesligisten brennend interessiert waren, kam vom B-Klassisten Tuspo Bayreuth und wurde in seinem ersten Jahr als Vertragsspieler mit 27 Treffern Zweiter in der Torschützenliste des “Unterhauses”. Doch Möbius legte auch großen Wert auf eine gute Ausbildung des eigenen Nachwuchses – hierfür stehen Namen wie Walter “Waldi” Greim, Siegfried Sieber, Erwin Saalfrank, Heinz und Hans Winterling oder Siegfried Werner.

Hof wurde für den 2016 verstorbenen Funktionär zur Heimat, aber auch Dresden blieb es, obwohl ihm 20 Jahre lang eine Einreise verwehrt worden ist. Aber 40 Jahre bis zur Wende sorgte er für seine Kinder und Enkelkinder. Auch wenn er seine Tätigkeit auf der “Grünen Au” im Jahr 1980 beendete, blieb er dem Verein treu und besuchte fast alle Heimspiele. König Fußball war sein Leben, vier Fußballweltmeisterschaften hat er vor Ort erlebt, war bei der Prominenz angesehen. Durch seine Frau Kathrin, die er 1986 geheiratet hatte, lernte er dann andere Dinge kennen, besuchte Gottesdienste, interessierte sich für die Natur. “Sie ist für mich wie ein Sechser im Lotto”, würdigte er seine Kathrin gebührend.

All die Ehrungen, die Armin Möbius erfuhr, hat er verdient. Bayern Hof mit ihm vorne dran hat für den Bekanntheitsgrad der Stadt unschätzbare Dienste geleistet.